Steigende Zinssätze und Energiepreise treffen den Wohnungsmarkt hart

Die Kaufkraft für Immobilien ist in Belgien in den letzten neun Monaten stark gesunken. Eine durchschnittliche Familie kann sich heute nur noch ein Haus von 85 m² leisten, verglichen mit 103 m² zu Beginn dieses Jahres. Dies geht aus dem Preisbemessungstool der Immobilienplattform Immoweb hervor. Mit steigenden Zinsen und Energiepreisen werden auch immer weniger Hypothekendarlehen beantragt.
Die sinkende Kaufkraft ist in Brüssel am deutlichsten zu spüren. Während sich die Einwohner im Januar dieses Jahres noch 55 m² Wohnfläche leisten konnten, sind es jetzt – bei einem Durchschnittsgehalt – nur noch 45 m². Immoweb weist auch darauf hin, dass der Zugang zu eigenem Wohnraum in Brüssel, wie auch in anderen Großstädten, immer schwieriger wird.
Die Europäische Zentralbank (EZB) zwingt die nationalen Banken, ihre Kreditzinsen für Immobilien schnell anzupassen, um der steigenden Inflation zu begegnen.
"Nimmt man noch den landesweit zu beobachtenden Anstieg der Immobilienpreise hinzu, so stellt man fest, dass die Belgier mit einem erheblichen Kaufkraftverlust konfrontiert sind", so Piet Derriks von Immoweb.
Innerhalb von neun Monaten hat der durchschnittliche belgische Haushalt 13 Prozent seiner Kreditwürdigkeit verloren. Daher werden viele Antragsteller ihr Kaufvorhaben aufgeben oder anpassen müssen, weil sie nicht mehr über ausreichende finanzielle Mittel verfügen. Dennoch gehören die Belgier zu den kaufkräftigsten Bürgern in Europa.
"Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher französischer Haushalt kann sich 61 m² leisten", betonte Derriks.
Aufgrund der steigenden Zinssätze und der Energiekrise werden weniger Hypotheken beantragt.
"Die Zahlen lügen nicht. Es gibt weniger Kreditnehmer – und damit Käufer – auf dem Wohnungsmarkt", sagte John Romain von der Beratungsfirma Immotheker Finotheker gegenüber „De Standaard“.
Innerhalb eines Jahres haben sich die Hypothekenzinsen fast verdoppelt.
"In den letzten Jahren wurden die Kapitalgewinne auf Immobilien durch die sinkenden Zinssätze angekurbelt. Das ist nun vorbei."
Romain zufolge steht der Immobilienmarkt kurz vor einer Trendwende.
"Der Immobilienmarkt wandelt sich von einem Verkäufermarkt zu einem Käufermarkt."
In Zukunft werden also nicht mehr die Verkäufer, sondern die Käufer den Preis und die Konditionen bestimmen. Energieeffiziente Häuser werden ihren Wert behalten. Die Preise für Häuser, die nicht zukunftssicher sind, werden sinken, argumentiert Romain.
Wer sein Haus energieeffizienter machen wolle, müsse dafür 50.000 Euro oder mehr auf den Tisch legen, so Romain. Wer ein solches Haus verkaufen wolle, werde den Preis entsprechend senken müssen, prognostiziert er.
(AHU)
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