Staatsrat warnt vor "Ungleichbehandlung" im flämischen Stickstoffdekret

Der Staatsrat, das höchste belgische Verwaltungsgericht, hat Kritik an dem von den flämischen Regierungsparteien N-VA und Open VLD vorgeschlagenen Stickstoffdekret geäußert. Die Vorschriften seien nicht immer gut ausgearbeitet oder begründet, so der Staatsrat in einer Stellungnahme vom Montagabend. Außerdem könne das Dekret zu einer Ungleichbehandlung von Landwirtschaft und Industrie führen.
Eine der strittigsten Fragen, mit denen die flämische Regierung konfrontiert ist, ist die Frage, wie die Stickstoffemissionen aus Landwirtschaft und Industrie eingedämmt werden können. Nach monatelangen Verhandlungen wurde dem Parlament im Juli von den Regierungsparteien N-VA (Flämische Nationalisten) und Open VLD (Liberale) ein Dekret vorgelegt. Der Koalitionspartner CD&V (Christdemokraten) verweigerte seine Zustimmung in Erwartung eines Umweltverträglichkeitsberichts über zwei Lockerungen, die die Partei einführen möchte.
Die Parteivorsitzenden der Koalitionspartner, Wilfried Vandaele (N-VA) und Willem-Frederik Schiltz (Open VLD), beschlossen, nicht weiter zu warten und reichten ihren Vorschlag für ein Dekret ein.
Mangel an Transparenz
Der Staatsrat, der die belgischen Behörden in gesetzgeberischen Fragen berät, bezweifelt nun die "Nachvollziehbarkeit und Transparenz" dessen, was auf dem Tisch liegt. So sei beispielsweise die Methode, mit der festgestellt wird, ob ein Unternehmen noch eine Genehmigung erhalten kann, nicht richtig ausgearbeitet worden. Genau das soll aber die Stickstoffgesetzgebung leisten.
Insbesondere die Berechnung des "Impact Score" eines Unternehmens ist nach Ansicht des Staatsrates nicht transparent genug. Dieser Wert drückt die Stickstoffauswirkungen eines Unternehmens auf seine Umgebung aus und bestimmt, ob das Unternehmen noch eine Genehmigung erhalten kann oder nicht. Darüber hinaus ist der Rat der Ansicht, dass die Verordnung in mehrfacher Hinsicht nicht mit der europäischen Habitat-Richtlinie vereinbar ist.
Ungleiche Behandlung
Schließlich stellt der Staatsrat die Unterscheidung zwischen Landwirtschaft und Industrie in Frage. Für die Landwirtschaft gelten wesentlich strengere Genehmigungsanforderungen, die nicht ausreichend begründet seien, heißt es in dem Bericht. Der Rat verweist ausdrücklich auf Artikel 10 der Verfassung, der die Gleichbehandlung aller Belgier garantiert.
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