Kürzere Sommerferien in Flandern? Erst, wenn alle anderen Probleme gelöst sind

Im frankofonen Belgien wird es künftig keine langen Sommerferien von acht bis neun Wochen mehr geben. Fortan beginnt dort das Schuljahr am letzten Montag im August. Während das flämische Schulsystem ein Schuljahr vom 1. September bis zum 30. Juni vorsieht, ist der Ferienbeginn im französischsprachigen Belgien am ersten Freitag im Juli. Für den flämischen Bildungsminister Ben Weyts gibt es in den Schulen in Flandern derzeit dringlichere Probleme als eine Verkürzung der Sommerferien.

Für die französischsprachigen Kinder hat der Unterricht bereits wieder begonnen. Es ist das erste Mal, dass das Schuljahr nicht am 1. September beginnt. Und die Sommerferien beginnen künftig am ersten Freitag im Juli. Dafür bekommen die Kinder im französischsprachigen Belgien im Herbst und im Frühjahr eine zusätzliche Woche Ferien. Auf diese Weise wird das Schuljahr in Blöcke von jeweils sieben Wochen aufgeteilt – im steten Wechsel mit zwei Ferienwochen.

Umstrukturierung

Die Neugestaltung des Schuljahres ist Teil einer umfassenderen Reform. Der „Pacte pour un Enseignement d'excellence“ (dt.: Exzellenzpakt im Bildungswesen) soll die Qualität des Unterrichts im französischsprachigen Belgien sukzessiv verbessern.

„Dieser Pakt soll die Ungleichheiten in unserem System beseitigen“, erklärte die frankofone Bildungsministerin Caroline Désir (PS) gegenüber „VRT NWS“. „Es ist erwiesen, dass sich die langen Sommerferien negativ auf die Bildungsgerechtigkeit auswirken. Eine kürzere Sommerferienzeit soll dazu führen, dass weniger Schüler während dieser Zeit die Schule abbrechen.“

Nach Ansicht des Bildungsexperten Dirk Van Damme ist es gut, dass das französischsprachige Belgien die zweimonatigen Sommerferien abschafft. Die lange Ferienzeit würde dazu führen, dass einige Schüler zu viel angeeignetes Wissen und erlernte Fähigkeiten wieder verlören.

„Es gibt Kinder, die diese Zeit recht gut überstehen. Aber es gibt auch schwächere Kinder, die zu Hause nicht die nötige Unterstützung finden und durch die sehr langen Sommerferien einen schweren Rückschlag in ihrer kognitiven Entwicklung erleiden“, sagt Van Damme.

In Flandern steht die Verkürzung der Sommerferien derweil nicht zur Debatte. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage unter 5.300 Mitgliedern des Christlichen Bildungszentrums (Christelijke Onderwijscentrale; COC), der größten flämischen Bildungsorganisation, verdeutlicht, dass 78 Prozent der Befragten eine Verkürzung der Sommerferien ablehnen. Dies gilt sowohl für den Primar- und Sekundarbereich als auch für die Schülerberatungszentren (CLBs), die Teilzeitkunstausbildung und ​ die Erwachsenen- und die Hochschulbildung. In einem zur Diskussion gestellten Szenario wurden zwei abgeschaffte Ferienwochen im Sommer zu einem anderen Zeitpunkt im Jahr kompensiert – wie es fortan im französischsprachigen Belgien der Fall ist.

Wenig Unterstützung

Diese Umfrage wurde durchgeführt, nachdem der flämische Bildungsminister Ben Weyts (N-VA) Dachverbände, Gewerkschaften und Elternvereinigungen bis zum Ende des Schuljahres um eine Rückmeldung gebeten hatte. Dass es wenig Unterstützung für eine Änderung des Schulkalenders gibt, geht auch aus einer Stellungnahme des Sozial- und Wirtschaftsrats Flanderns (SERV) sowie des Flämischen Bildungsrats (VLOR) hervor.

Die Bildungsdachverbände sprechen sich hingegen für eine Verkürzung der Sommerferien und eine Neuordnung der Ferienzeiten aus. Das flämische Unterrichtswesen (GO!) meint, dass das Modell aus dem französischsprachigen Belgien eine bessere Lehrplangestaltung begünstige. Auch das Katholische Bildungswesen Flandern (Katholiek Onderwijs Vlaanderen) ist grundsätzlich für eine Anpassung – sofern eine Reihe spezifischer Bedingungen erfüllt seien. Der Mehrwert für die Lernprozesse der Schüler müsse durch in Flandern durchgeführte Forschungen nachgewiesen werden, heißt es.Laut Minister Weyts gibt es jedoch andere Probleme im flämischen Bildungswesen, die zunächst einer Lösung bedürfen, wie der Lehrermangel und die Qualität der Bildung.

(AHU)

#FlandersNewsService

©BELGA PHOTO LAURENT CAVENATI

 

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